Ich habe mich jetzt doch wieder einmal entschlossen, hier etwas zu schreiben. Einfach ein paar Aspekte ins Spiel zu bringen, die so vielleicht bisher noch nicht gesehen worden sind. Und damit bei eventuell interessierten Mitlesenden einige Dinge zu überlegen zu geben.
Hier haben wir schon Einiges über den nationalen Bereich zur Sprache gebracht, vordergründig über die Einsteiger-Ebene. Die ist natürlich auch sehr wichtig. Vielleicht insgesamt wichtiger als der Top-Bereich. Daß möglichst kostengünstig Motorsport betrieben werden kann, um vor Allem Neulingen, aber auch anderen Interessierten die Möglichkeit zu geben, sich in Sachen Speed und Fahrzeugbeherrschung selbst zu verwirklichen (so weit es halt in ihrem Können liegt), ist auch mir ein großes Anliegen. Auch mit relativ PS-schwachen, schlichten Wagen kann man ein recht ansprechendes Rallye-Feeling erleben. Vor Allem auf selektiven Strecken, und besonders, wenn winterliche Bedingungen herrschen. Und wenn dann auch noch engagiert um jeden Platz gerungen wird, weil aufgrund der guten Grundlagen viele Teilnehmer innerhalb der Klasse fahren, ist erst recht die volle Action gegeben.
Das sind alles Dinge, die ich nie aus den Augen lassen will. Jetzt will ich mich aber mehr dem Segment des Spitzen-Rallyesports widmen. Vor allen Dingen der Weltmeisterschaft/WRC. Da hat es in den letzten 25 bis 30 Jahren ja einige Änderungen gegeben. Und mit fast jeder sind die Verhältnisse schlechter geworden.
Daß ich die Rallyes gerne länger und mit möglichst gemischten Untergründen hätte, habe ich schon öfter geschrieben. Auch hier. Weil's dann spektakulärer anzusehen ist, weil's dann mehr auf den Fahrer ankommt. Und das aus meiner Sicht sportlich fairer ist. Eine wirkliche Kostenersparnis sehe ich durch die Verkürzungen und Vereinheitlichungen auch nicht. Jedenfalls nicht für die Teams und Werke. Für Veranstalter eventuell, weil sie bei längeren Prüfungen mehr Funktionäre brauchen und gegebenenfalls auch mehr an Flurschaden zu reparieren ist. Aber bei den Geldsummen, die in der WM im Spiel sind, sollte das zu stemmen sein. Zumal es ja auch Möglichkeiten gibt, mehr Sponsoren zu begeistern. Wenngleich ich unter den jetzigen Bedingungen da wenig Spielraum sehe.
Ein Grund mehr, ein paar Dinge zu überdenken...
Was mich an der aktuellen Rallye-WM ganz gewaltig wurmt: Der extreme Einheitsbrei. Bei gleichzeitiger Abkehrung von dem Prinzip, daß im Motorsport die Technik für die Zukunft kreiert und erprobt werden soll. Für mich ein offensichtliches Manko: Die vielen Einheitsteile, sodaß man praktisch überhaupt keinen Spielraum mehr hat, um ein eigenes Marken-Knowhow einzusetzen. Ob das der richtige Weg ist, neue Teilnehmer-Werke zu gewinnen, die sich mit ihrer technologischen Identität einbringen und dafür werben wollen, ist die Frage.
Es wäre schon ein Schritt nach vorne, wenn wenigstens wieder Autos der unterschiedlichen Gattungen mitfahren dürften, so wie bei der ersten WRC-Generation die kleinen Kompakten bis hin zu den größeren Mittelklasse-Limousinen wie dem Impreza oder dem Mitsubishi Lancer. Das hat eine recht gute Abwechslung geboten und war auch in der sportlichen Spannung recht ansprechend. Vergleicht einmal, wie viele verschiedene Weltmeister es zwischen 1997 und 2003 gegeben hat, und wie viele es ab der zweiten bis zu Beginn der dritten WRC-Ära waren. Und weil immer das Argument kommt, jetzt wären es oft wenige Sekunden bis sogar Zehntelsekunden, innerhalb der sich die WM-Spitze bewegt: Für den Zuseher neben der Strecke oder auch vor dem Bildschirm/Display ist das so etwas von abstrakt. Wenn da Unterschiede von mehreren Minuten sind, und man kann aufgrund der selektiven Strecke leichter einen Fehler machen, der Minuten kostet, sodaß es alleine deswegen mehrere Führungswechsel gibt, ist das vom Wettbewerbstechnischen her mindestens genauso Interessant. Sage ich als langjähriger "Kenner" des Sports jetzt einmal...
Ich könnte mir auch vorstellen, daß man zum Beispiel bei den Motoren lediglich als Vorgabe ein bestimmtes Energielimit setzt. Und sonst weitgehend Freiräume zuläßt. Damit wäre einerseits Leistungsbeschränkung gegeben (immer ein wichtiges Thema), andererseits könnte man sich bei der technischen Planung und Umsetzung sehr viel "spielen". Mehr nützliche Innovationen, auch für den Normalverbraucher, wären das Ergebnis.
Und weil es immer heißt "die Kosten" - eine ganz persönliche Einschätzung von mir: Im Moment können die technischen Zukunfts-Entwicklungen bei den Autowerken nur parallel, also nebenher, laufen. Weil das einfach zwei getrennte Bereiche sind. Und aufgrund der Vorgaben auch sein müssen. Könnte (bzw. dürfte) man bei Motorsport-Aktivitäten wie Rallyes neue Entwicklungen/Konstruktionen erproben, würde viel mehr in Einem gehen. Ich sehe da die viel größere Möglichkeit, Kosten einzusparen.
Und weil auch immer wieder als Einwand kommt, "Gleichwertigkeit der Fahrzeuge im Sinne sportlicher Fairneß": Das hat in der Praxis nie so gut funktioniert, wie man es sich von der Theorie verspricht. Ich verweise nur wieder einmal darauf, wie viele verschiedene Rallye-Weltmeister es in den letzten 15 Jahren gegeben hat. Und darauf, wie viele Talente alleine nie den Weg in die WM oder gar in ein WRC-Team schaffen. "Sportlich fair" schaut anders aus, in meinen Augen.
Es ist doch in der Praxis so: Der eine Fahrer mag mehr ein längeres Auto, der andere kommt mit einem kurzen besser klar, der eine mag mehr ein Auto, das zum Übersteuern neigt, dem anderen liegt mehr eines, das einen stabilen Geradeauslauf hat - und so weiter. Kann man mehr unter verschiedenen Alternativen das wählen, wovon man denkt, daß es Einem gut in der Hand liegt, ist das vielleicht noch mehr ein Beitrag zu mehr Chancengleichheit - praktisch gesehen. Und selbst wenn das stärkere Experimentieren und die technischen Unterschiede dazu führen, daß Einer eine totale Gurke erwischt: Es gibt haufenweise talentierte Sportler, aus allen möglichen Ländern, die froh sind, wenn sie überhaupt Rallye-WM fahren dürfen. Und dafür noch Geld kriegen. Außerdem - wie erwähnt - kann man vor Allem auf selektiven Strecken sehr viel wettmachen.
Aber vielleicht will man ja auch gar nicht mehr Konkurrenz...
So oder so: Es hat sicher seine Gründe, warum aktuell so wenige Fahrzeug-Produzenten von einem Rallye-Engagement etwas wissen wollen wie nie zuvor. Und das schon seit längerer Zeit. Offenbar kann da auch die tolle mediale Verbreitung des modernen Rallyesports über Internet, mehr TV-Kanäle und Ähnliches nicht viel daran rütteln, die aber kein Verdienst der FIA und der ihr unterstehenden Gesellschaften ist. Das ist ein genereller technologischer und gesellschaftlicher Trend, der mit der Gestaltung und Ausrichtung der heutigen Rallyes überhaupt nichts zu tun hat. Das einmal auch so nebenbei.
So denke ich über diese Sachen. Und was denkt Ihr?

Den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen ist nicht zielführend. Denn der führt nach Unten.